Weiche, gedämpfte japanische Bao-Brötchen bergen einen saftigen Kern aus Schweinefleisch, gewürzt mit Ingwer, Shiitake und Sojasauce.
An einem klirrend kalten Tokioter Abend suchen taubgefrorene Finger nach Wärme. Sie finden sie in der Dampfwolke, die aus dem Bambuskörbchen eines Straßenhändlers aufsteigt. Darin liegen schneeweiße Brötchen, so weich, dass sie bei der kleinsten Berührung beben; aus ihren Falten steigen Aromen von Soja, Ingwer und Schweineschmalz empor.
Aus dem baozi aus China hervorgegangen, hat Nikuman im Laufe der Jahrhunderte jedoch die japanische Zurückhaltung und Saisonalität verinnerlicht – und sich so zum bevorzugten Taschenwärmer des Winters entwickelt. Heute lüfte ich all seine Geheimnisse.

Vom Baozi zum Nikuman – eine Reise über 700 Jahre
Der Legende nach formte der Stratege Zhuge Liang im 3.. Jahrhundert sogenannte Opfer-„Kopfbrötchen“, um einen Flussgott zu besänftigen, und säte damit den Ursprung des chinesischen baozi. Mehr als tausend Jahre später, 1349, betritt der chinesische Mönch Lin Jūnin (Rin Jōin) japanischen Boden – im Gepäck sein Wissen über mantou und eine geniale Erfindung: einen mit Amazake fermentierten Teig, der ganz ohne Bäckerhefe aufgeht und, buddhistischen Regeln folgend, eine fleischfreie Füllung trägt.
Die süßen manjū, deren Bohnenpaste-Füllung fortan die Teetische schmückte, bestimmten fünf Jahrhunderte lang das Naschwerk – üppig, jedoch strikt fleischfrei.

Mit der Meiji-Restauration von 1868 fällt das Fleischtabu – und alles ändert sich. In den frisch geöffneten Häfen dämpfen chinesische Einwanderer für heimwehkranke Matrosen Schweinebrötchen, die sie chūkaman nennen.
Das Geschäft Rōshōki in Kōbe prägt 1915 den Begriff „butaman“; seine mit Garnelen gesprenkelten Mini-Brötchen lösen eine lokale Begeisterungswelle aus. Am anderen Ende des Archipels zügelt Nakamuraya in Shinjuku 1927 die Würze: Kräftige Gewürze treten zugunsten eines sanften Gleichgewichts aus Sojasauce und Mirin zurück. Anfang der 1930er Jahre avanciert der Nikuman damit von einer Chinatown-Kuriosität zum unverzichtbaren Winter-Snack des ganzen Landes.
Regionale Varianten
Bestellen Sie in Tokio einen „Nikuman“, erhalten Sie ein Schweinebrötchen. Tun Sie dasselbe in Osaka, ernten Sie verwunderte Blicke: Dort, wo niku Rindfleisch bedeutet, verkaufen die Händler dasselbe Brötchen als „butaman“.

Im Kansai schwört man auf 551 Horai: Seine rosafarbenen Boxen parfümieren ganze Heimreisezüge, jede Brioche begleitet ein Tupfer scharfer Karashi-Senf, der die Nebenhöhlen freipustet. Das hundertjährige Rōshōki in Kōbe verkauft nach wie vor butaman im Snackformat, während die Händler in Yokohamas Chinatown beinahe 15 cm große Exemplare auftürmen.
Zur Tradition gehört auch die Saisonalität: Ab Ende August, spätestens Anfang September, rücken die Konbinis ihre dampfbeheizten Warmvitrinen heraus – abgeschaltet werden sie erst im Frühjahr. Pendler greifen dort mit der gleichen Selbstverständlichkeit zum Brötchen, mit der andere zum Coffee-to-go greifen.
Der 25. Januar gilt inoffiziell als „Tag des chūkaman“. Das Datum fällt bewusst auf den kältesten Abschnitt des Jahres – jenen Morgen, an dem ein in Papier gewickeltes Brötchen zugleich Taschenwärmer und Frühstück ist.

Nikuman – Gedämpfte japanische Brötchen mit Schweinefüllung
Zutaten
Teig
- 150 g glutenreiches Weizenmehl (10–12 % Protein)
- 150 g weiches Weizenmehl (5–10 % Protein)
- 30 g Zucker
- 3 g Salz
- 6 g Trockenhefe
- 3 g Backpulver
- 90 g lauwarmes Wasser 35–38 °C
- 65 g Sake
- 20 g Pflanzenöl
Füllung
- 350 g Schweinehackfleisch ca. 30 % Fettgehalt
- 150 g Zwiebel fein gehackt
- 150 g Bambussprossen vorgegart, gewürfelt
- 15 g getrocknete Shiitake-Pilze eingeweicht, gewürfelt
- 5 g Ingwer gerieben
- 2.5 Esslöffel helle Sojasauce
- 1.5 Esslöffel Austernsauce
- 2.5 Esslöffel Kochsake
- 1.5 Teelöffel Wei-Pa oder Hühnerbrühepaste
- 1.5 Esslöffel Zucker
- 1.5 Esslöffel Sesamöl
- Salz und Pfeffer nach Geschmack
Anleitungen
Teigzubereitung
- Beide Mehlsorten mit Zucker, Salz, Trockenhefe und Backpulver in einer Schüssel vermischen.150 g glutenreiches Weizenmehl (10–12 % Protein), 150 g weiches Weizenmehl (5–10 % Protein), 30 g Zucker, 3 g Salz, 6 g Trockenhefe, 3 g Backpulver
- Sake und etwa zwei Drittel des lauwarmen Wassers zugeben, verrühren und nur so viel restliches Wasser nachgießen, bis ein grober Teig entsteht.90 g lauwarmes Wasser, 65 g Sake
- Den Teig auf der Arbeitsfläche etwa 10 Minuten kneten, dann das Öl einarbeiten und weitere 5 Minuten kneten, bis er glatt und elastisch ist.20 g Pflanzenöl
- Den Teig zu einer Kugel formen, abdecken und bei 30 °C etwa 15 Minuten ruhen lassen.
Füllung zubereiten
- Shiitake einweichen, Zwiebel und Bambussprossen fein hacken, Ingwer reiben.150 g Zwiebel, 150 g Bambussprossen, 15 g getrocknete Shiitake-Pilze, 5 g Ingwer
- Hackfleisch mit Gemüse, Sojasauce, Austernsauce, Kochsake, Wei-Pa, Zucker, Sesamöl sowie Salz und Pfeffer zu einer klebrigen Masse verrühren. In 10 Portionen teilen.350 g Schweinehackfleisch, 2.5 Esslöffel helle Sojasauce, 1.5 Esslöffel Austernsauce, 2.5 Esslöffel Kochsake, 1.5 Teelöffel Wei-Pa, 1.5 Esslöffel Zucker, 1.5 Esslöffel Sesamöl, Salz und Pfeffer
Formen und Garen
- Den Teig entgasen, in 10 Stücke teilen, rund schleifen, abdecken und 10 Minuten entspannen lassen.
- Jedes Teigstück zu einem Kreis ausrollen, die Mitte etwas dicker lassen. Eine Portion Füllung auflegen, den Rand in Falten legen und fest verschließen. Jeden Bao auf ein Stück Backpapier setzen.
- Die Baos bei 35 °C 10–15 Minuten gehen lassen.
- Über sprudelnd kochendem Wasser 15 Minuten dämpfen, herausnehmen und heiß servieren.
Notizen
- Ein kurzes Blanchieren der Bambussprossen (10 Sekunden) nimmt ihnen die Adstringenz und verstärkt ihr Aroma.
- Ist die Teigmitte etwas dicker, reißt die Hülle nicht, wenn die Füllung beim Dämpfen Saft abgibt.
Nährwerte
Kulinarische Quellen
• Nikuman (gedämpfte Schweinebrötchen) – Just One Cookbook (Englisch)
• Baozi – Wikipedia (Englisch)
• Geschichte des Butaman (Nikuman/Chūkaman) – Butaman Shop (Japanisch)
• Warum schlug Nikuman einen anderen Weg als Manjū (Wagashi) ein? – 皇朝 (Kōchō) (Japanisch)
• Die ursprünglichen Butaman von „Rōshōki“ – KOBE 豚饅サミット (Japanisch)
• Chūka-man – Produktgeschichte – 新宿中村屋 (Japanisch)
• Nikuman – traditionelles und authentisches japanisches Rezept – 196 Flavors (Englisch)
• Nikuman — japanische gedämpfte Schweinebrötchen – La Fuji Mama (Englisch)
• Zum ersten Mal Nikuman gemacht (gedämpfte Schweinebrötchen)! – Reddit (Englisch)
• Hausgemacht: gedämpfte Schweinebrötchen! – Reddit (Englisch)
• Das beste Butaman in Osaka: 551 Horai und Horai – Kansai Odyssey (Englisch)
• Wie man Nikuman herstellt (chinesisch inspirierte gedämpfte Schweinebrötchen)… – Reddit (Englisch)
• Eine der besten, einfachen kulinarischen Entdeckungen meines Erwachsenenlebens. – Reddit (Englisch)