Eine Suppe aus schwarzen Uridbohnen, behutsam mit nepalesischen Gewürzen geschmort und durch ein knuspriges Ghee-Tempering vollendet.
Aus einem Hügel weißen Reises steigt Dampf, während sich ein feines, goldschimmerndes dal über die Körner legt, duftet nach Ghee und ail frit – die ikonische Alltagsmahlzeit Nepals. Dal Bhat ist zugleich Speise und Ritual: ein vollständiges Ensemble, das landauf, landab gegessen wird – gedämpfter Reis, lentilles in Brühe, saisonales Gemüse, kräftiges Achar –, alles serviert auf einem metallenen thali.
Hobbyköch*innen, Trekker, Bäuerinnen und Familien sprechen dieselbe Sprache; der Slogan bringt es auf den Punkt: „Dal Bhat Power, 24 Hour!“. Dies ist kein strikt abgezirkeltes Rezept, sondern ein regional sensibler Leitfaden.
Er beschreibt, wie das Gericht aussehen, riechen und sich im Mund anfühlen soll – und erklärt, warum dieses bescheidene Duo, gewachsen aus der altindischen Landwirtschaft und fest verankert in den Licchavi- und Malla-Epochen (4.–18. Jh.), bis heute die Mitte des Tisches behauptet.
Auf dem Teller: Grundbausteine und Aromalogik
Die unverrückbaren Pfeiler folgen einem roten Faden: ein flüssiges Dal; lockerer, ungesalzener Reis; saisonale Beilagen; zurückhaltend eingesetzte Gewürze; dazu Ghee oder Senföl – je nach Region. Jedes Element ist dazu gedacht, sich zu vermengen, nicht zu konkurrieren.
Das Dal ist dünnflüssig und gießbar, gemacht, um sich über den Reis zu ergießen. Verwendet wird, was vor Ort wächst: Masoor (rote Linsen), Rahar (Taubenerbsen, Toor), Mungbohnen oder Urad (schwarze Linsen, „kalo dal“). Die Hülsenfrüchte werden weich gekocht und zum Schluss durch ein kräftiges jhaneko (oder jhanne) wachgeküsst – ein kurzes Anbraten in Ghee oder Senföl mit Kreuzkümmel oder Bockshornklee, Knoblauch, Ingwer und getrockneter Chili, das den Duft definiert.
In den Bergen verleiht eine Prise jimbu, in Fett ausgebraten, eine unverkennbar nepalesische Knoblauch-Zwiebel-Note; timur steuert ein zitroniges Kribbeln bei. Die Schärfe bleibt milder als bei vielen indischen Restaurant-Dals; wuchtiges Garam Masala oder Sahne würden das feine Reis-Linsen-Duett übertönen.
Der Reis (bhat) ist schlicht: riz blanc long grain – Basmati oder der lokale Jira Masino –, so gekocht, dass jedes Korn locker fällt, und ungesalzen. Ein Löffel geschmolzenes Ghee über Reis oder Dal ist klassisch; sein Aroma entfaltet sich sofort, sobald es das heiße Essen berührt.
Tarkari und saag folgen den Jahreszeiten: Kartoffeln, Blumenkohl, Bohnen, Kürbis, Spinat und Rettich, leicht mit Kurkuma und Kreuzkümmel gewürzt und von Knoblauch parfümiert. Viele Zubereitungen sind trocken oder halbtrocken, damit der Teller nicht überläuft; Senföl ist in den Ebenen üblich. Gebratene Blattgemüse kommen glänzend, zart und noch leicht bissfest, manchmal mit einer Prise Timur oder einem Spritzer piment.
Achars setzen frische, scharfe Akzente: Tomaten-Timur-Chutney, radis blanc (Daikon) in Senföl, Achar aus gundruk (fermentierte Blätter) oder eingelegter Zitrone. Ein knuspriger papad liefert Biss; ein Klecks Joghurt kühlt. Man nimmt gerade so viel, dass jeder Bissen lebendig wird.
Die Gewürze bleiben schlicht: Kurkuma, Kreuzkümmel, Bockshornklee, Knoblauch und Ingwer bilden die Basis. Senfkörner (besonders im Terai), ein Lorbeerblatt, eine Spur hing, ein Hauch Nelke oder sogar ein Fünkchen cannelle de Chine (casse) können hinzukommen – jedoch sparsam. Ghee ist begehrt; Senföl steht fürs Terai. Olivenöl passt nicht in den nepalesischen Kontext.
Servieren Sie alles auf einem thali – einem Metalltablett mit kleinen Schalen oder Fächern für Dal und Beilagen rund um einen zentralen Reisberg. Das Dal kann direkt über den Reis gegossen oder separat in seiner Schale gereicht werden, um später vermischt zu werden. Gegessen wird traditionell mit der rechten Hand. Gastgeber schöpfen oft lächelnd eine weitere Kelle Reis nach. Ein Thali ist kein Ort für Naan und auch keine Suppe vorweg.
Von den fruchtbaren Tälern bis zu den Hochlagen des Himalaja: regionale Handschriften
Regionale Ausprägungen – drei Stilrichtungen
Terai (Südliche Ebenen): fruchtbar, scharf, senfbetont. Rahar- (Toor) oder Moong-Dals zeigen hier mehr Hitze und Salz, temperiert in Senföl (häufig mit Kreuzkümmel, teils auch Senfkörnern) für einen pikanten Kick. Die Gemüsebühne ist üppig: gombo, Aubergine, Kürbis, Bohnen – oft im charaktervollen Öl gegart. Rohzwiebeln und grüne Chilis liegen am Tellerrand, Mango- oder Chili-Achar sorgt für zusätzlichen Pep. Im Alltag ersetzt gelegentlich chiura (flacher Reis) oder roti den Reis. Profil: Senföl und grüne Chili im Vordergrund.
Hügel und Kathmandu-Tal: ausgewogen und mild. Das „Standard-Thali“ kreist um Masoor-Dal: fließend, leicht mit Kurkuma, Kreuzkümmel, Knoblauch und Ingwer gewürzt, gelegentlich mit einer kaum wahrnehmbaren Spur hing oder einem Lorbeerblatt. Die tarkari bleiben schlicht – Kartoffel und Blumenkohl, Bohnen, Kohl – und saag ist häufig. Ein Rettich-Achar oder Tomaten-Chutney leuchtet am Rand; Newar-Haushalte schleusen mitunter ein schärferes Achar ein, doch das Gesamtbild bleibt moderat. Ghee aromatisiert den Reis, wenn es verfügbar ist.
Berge und Himalaja (Schwerpunkt thakali): kräftig, aromatisch, ghee-reich. Der kalo maas (Uradbohne), teils ganz, meist geschält und halbiert oder im Linsenmix, ergibt ein dunkleres, etwas sämigeres Dal – ideal für die kalten Höhen –, temperiert mit jimbu und mit einem Hauch timur verfeinert. Die Beilagen sind herzhaft: Mustang-Kartoffeln, Bittermelone und gundruk (als Suppe oder Pickle) liefern Säure und Textur.
Reichlich Ghee glänzt auf Reis und Gemüse. Hirse, Buchweizen oder Mais (manchmal auch Gerste) treten auf: Dhindo, ein Getreidebrei, kann je nach Höhenlage den Reis ersetzen; Fleisch von Yak oder Schaf ist häufiger. Bergstil: kräftig, reich, geprägt von Timur und Jimbu. Wer diese Hinweise kennt, erkennt Authentizität inmitten moderner Variationen.
Kennzeichen echter Zubereitung
Fragt man nepalesische Köchinnen und Köche, was ein Dal Bhat „richtig“ macht, lautet die Antwort fast immer: Schlichtheit und Technik. Das Dal muss gießbar sein und einen klaren Geschmack haben – sanft gegarte Linsen, dann ein entschlossenes jhaneko, bei dem Kreuzkümmel oder Bockshornklee in Ghee oder Senföl knistern. Die Gewürzliste bleibt kurz; Balance, nicht Show, trägt das Gericht.
Die lokale Handschrift zeigt sich in feinen Details: jimbu beim heißen Abschmecken; das zitronige Prickeln von timur in den Chutneys; gundruk als Beilage für die typisch nepalesische Säure; Ghee oder Senföl, die das Aroma erden. Es ist ein vollständiges Ensemble – Reis, Dal, Gemüse, Achar –, nicht bloß „Linsen mit Reis“. Ein Touristenteller, der Grün und Achar auslässt, verfehlt das Wesen.
Warnsignale: aufdringliches Garam Masala, Sahne oder Butter statt Ghee, tomatenlastige Soßen, Abkürzungen mit poudre de curry japonais oder Olivenöl. Das Dal darf nicht als dicker Eintopf serviert werden, und auch nicht mit Naan oder als separater soupe-Gang. Alles gehört gemeinsam auf ein Thali-Tablett, das zum Vermischen einlädt.
Das moderne Leben bringt Anpassungen: In Diaspora-Küchen kommen oft elektrische Schnellkochtöpfe zum Einsatz, und wenn jimbu rar ist, tauchen Ersatzkräuter auf. Solange Aromaprofil, heißes Abschmecken und Servierstil nepalesisch bleiben, ist das authentisch. Diskussionen um teure Thakali-Tabletts gibt es weiter – doch echte Authentizität misst sich an Zutaten, Methode und Balance, nicht am Preis.
Maas ko Dal – Nepalesisches Dal aus schwarzen Uradbohnen
Zutaten
- 150 g schwarze Uradbohnen, gespalten mit Schale
- 1 Esslöffel frischer Ingwer in feine Julienne geschnitten
- 1.5 Teelöffel frischer Ingwer fein gehackt
- Salz nach Geschmack
- 0.5 Teelöffel Kurkuma gemahlen
- 0.5 Teelöffel Sichuanpfeffer gemahlen
- 3 Esslöffel geklärte Butter (Ghee)
- 2 getrocknete rote Chilischoten halbiert, entkernt
- 0.5 Teelöffel Jimbu getrocknetes Himalayakraut; ersatzweise getrockneter Schnittlauch
- 1 große Prise Asafoetida gemahlen; alternativ je zur Hälfte Zwiebel- und Knoblauchpulver
- 2 Zehen Knoblauch groß, in feine Scheiben geschnitten
- 840 ml Wasser
Zum Servieren
- Gedämpfter Reis
- Eingelegte Senfblätter
Anweisungen
Dal garen
- Uradbohnen, gehackten Ingwer, Salz, Kurkuma, Sichuanpfeffer, 1 EL Ghee und das Wasser in einem gusseisernen Topf verrühren.150 g schwarze Uradbohnen, gespalten, 1.5 Teelöffel frischer Ingwer, Salz, 0.5 Teelöffel Kurkuma, 0.5 Teelöffel Sichuanpfeffer, 3 Esslöffel geklärte Butter (Ghee), 840 ml Wasser
- Unbedeckt bei mittlerer bis hoher Hitze zum Kochen bringen, dabei gelegentlich umrühren, damit nichts überkocht. Anschließend 20 Minuten köcheln lassen.
- Hitze reduzieren, Topf abdecken und etwa 55 Minuten sanft köcheln lassen, bis die Bohnen weich sind und ihr Volumen verdoppelt haben.
- Falls nötig etwas Wasser angießen, bis eine sämig-suppige Konsistenz entsteht, dann weitere 5 Minuten köcheln.
- Topf vom Herd ziehen und beiseitestellen.
Temperierung
- Das restliche Ghee in einer kleinen Pfanne bei mittlerer bis hoher Hitze erhitzen.
- Rote Chilischoten und Jimbu zugeben und etwa 5 Sekunden frittieren, bis sie leicht bräunen und aromatisch duften.2 getrocknete rote Chilischoten, 0.5 Teelöffel Jimbu
- Sofort Asafoetida einstreuen, dann Ingwer-Julienne und Knoblauch zugeben und weitere 10 Sekunden frittieren, bis alles knusprig ist.1 große Prise Asafoetida, 1 Esslöffel frischer Ingwer, 2 Zehen Knoblauch
- Die heiße Temperierung sofort über das Dal gießen, umrühren, abdecken und 5 Minuten durchziehen lassen.
Anrichten
- Dal kochend heiß mit gedämpftem Reis und eingelegten Senfblättern servieren.Gedämpfter Reis, Eingelegte Senfblätter