Lernen Sie Sinigang kennen – eine säuerliche Wohlfühlbrühe, in der zartes Schweinefleisch auf buntes Gemüse trifft.
Als der Crowd-Sourced-Guide TasteAtlas Sinigang 2021 zur besten Gemüsesuppe kürte, empfanden die Philippinos weniger Überraschung als stille Genugtuung. Eine dampfende Schüssel dieses Eintopfs war schon immer die Antwort auf einen verregneten Nachmittag.
Aus dem Tontopf steigt säuerlicher Dampf, ein Hügel Reis wartet darauf, die Brühe aufzusaugen, daneben ein Schälchen Fischsauce mit Calamansi. Der erste Schluck bleibt unvergesslich: Er lässt den Mund zusammenziehen und schmeckt dennoch herrlich – lebhaft und zugleich tröstlich. Die Zutaten, je nach Saison, spiegeln den nationalen Improvisationsgeist wider. Mit jedem Löffel schmeckt man die kulinarische Kreativität des Landes.
Von indigenen Wurzeln bis zu kolonialen Einflüssen
Jahrhunderte bevor Spanien einen Fuß auf Luzon setzte, ließen austronesische Köche bereits Fleisch und Fisch langsam vor sich hin köcheln. Bilimbi oder grüne Mango sorgten dabei dafür, dass die Speisen in der Tropenhitze länger frisch blieben. Die Methode war so verbreitet, dass das alte tagalogische Verb sigang schlicht „simmern“ bedeutete.
Später gelangte über Handelsrouten die Tamarinde auf die Inseln; sie akklimatisierte sich so bestens, dass sie heute fast in jedem Garten selbstverständlich gedeiht. 1913 tauchte „sinigang de carne“ erstmals im spanischsprachigen Kochbuch La Cocina Filipina auf – der säuerliche Eintopf war damit endgültig von der mündlichen Überlieferung in die Druckschrift gewandert.
Über ganz Südostasien hinweg stillen Verwandte wie das malaysische Singgang oder das thailändische Tom Yum das gleiche Verlangen nach lippenkribbelnden Brühen. In den 1980er-Jahren eroberte dann Sinigang-Pulver die Supermarktregale – eine Innovation, die Küchen spaltete: hier die Anhänger der Bequemlichkeit, dort die Puristen, die die Beutel als „eintönig“ gegenüber frisch zerdrücktem Fruchtpüree abtaten. Doch ob über offenem Feuer langsam gekocht oder nach Feierabend schnell zusammengerührt – die Handschrift des Gerichts bleibt unverkennbar: eine klare, glänzende Brühe mit direkter, erfrischender Säure.
Was macht ein „Sinigang“ aus?
Unverzichtbare Bestandteile
Pampaasim. Tamarinde ist der Goldstandard – geschätzt für ihre kräftige, leicht süße Säure. Doch regionale Köche ersetzen sie nach Belieben durch Kamias, Guave, Calamansi oder Libas-Blätter. Nur Essig bleibt außen vor; seine Schärfe gehört zu einem anderen Gericht, dem Paksiw.
Hauptprotein
Am beliebtesten sind Schweinerippchen; Rinderhaxe sorgt hingegen für eine besonders kräftige Brühe. An den Küsten greifen Köche gern zu Garnelen oder Bangus (Milchfisch). Unabhängig vom gewählten Protein bleiben die Knochen stets drin – sie geben Tiefe und Geschmack.
Marktfrisches Gemüse
Tomaten und Zwiebeln schmelzen zusammen und liefern reichlich Umami. Taro sorgt für Substanz, Daikon nimmt die säuerliche Brühe gierig auf. Okra und Kilometerbohnen bringen Biss, bevor zum Schluss eine Handvoll frischer Kangkong-Blätter ein sattes Grün darüberstreut. Die Würzung bleibt sparsam, aber punktgenau: Fischsauce ersetzt Salz, eine grüne Chili liefert dezente Schärfe, und eine Prise Zucker rundet bei Bedarf die Säure ab.
Seinen rustikalen Wurzeln treu wird beim Sinigang nichts angebraten. Alle Zutaten wandern direkt in siedende Flüssigkeit – die festen zuerst, die zarten Blattgemüse ganz zum Schluss –, damit die Brühe klar und die Farben leuchtend bleiben. Das unausgesprochene Ziel: das von vielen Filipinos so genannte asam-kilig – eine Säure, die die Augen kurz zusammenkneifen lässt und gleich darauf ein Lächeln zaubert.
Dem hektischen Alltag geschuldet liegt in fast jeder städtischen Küche ein Notfallpäckchen Tamarindenpulver. Frische Tamarinde hat jedoch klar die Nase vorn: Sie liefert fruchtigere Spitzen, eine zarte Trübung und eine aromatische Tiefe, von der das Pulver nur träumen kann.
Regionale Sinigang-Varianten
Im Tagalog-Kernland präsentiert sich das archetypische Sinigang na Baboy tamarindenbraun und herrlich sauer. Die Fischer von Batangas setzen dagegen auf Kamias, um das Aroma des frisch gefangenen Tulingan zu zähmen.
Weiter nördlich in Pampanga wird die Brühe klar und leicht samtig: das ist das Bulanglang, in dem reife Guaven die Grenze zwischen süß und sauer verwischen. Im Westen, in Iloilo, trifft Rinderhaxe auf die Frucht Batuan im Kansi – ein markhaltiges Hybridgericht, von dem die Einheimischen sagen, es sei weder Bulalo noch Sinigang und doch beides. Die Cebuanos servieren das Linarang: Rifffisch, der in Kamias, Kokosmilch und fermentierten schwarzen Bohnen langsam schmort.
Auch die Diaspora wird kreativ: In westlichen Gärten tritt Spinat an die Stelle von Kangkong. Manche Köche gehen noch weiter und bestauben sogar frittiertes Hähnchen mit Sinigang-Gewürz.
Authentisches philippinisches Sinigang
Zutaten
- 500 g Schweinefleisch in große, gut marmorierte Würfel geschnitten (mit oder ohne Knochen), ideal für Sinigang
- Wasser zum Bedecken und Garen
- 1 Tomate mittelgroß, geviertelt
- 1 weiße Zwiebel klein, geviertelt
- 250 g Taro in Stücke geschnitten
- 4 Esslöffel Sinigang-Pulver mit Gabi
- 1 lange grüne Chilischote siling pangsigang
- 2 Esslöffel Fischsauce patis
- 1 kleine Handvoll Langbohnen sitaw, in 5-cm-Stücke geschnitten
- 100 g weißer Rettich labanos, in Scheiben geschnitten
- 1 kleine Handvoll Okraschoten Okra
- 2 Handvoll Wasserspinatblätter gewaschen und vorbereitet
- Salz
Anweisungen
Zubereitung
- Schweinefleisch, Tomaten und Zwiebel in einen Topf geben, mit Wasser bedecken, zum Kochen bringen und anschließend 1–1½ Stunden leise köcheln lassen. Dabei den aufsteigenden Schaum abschöpfen und bei Bedarf Wasser nachgießen.500 g Schweinefleisch, 1 Tomate, 1 weiße Zwiebel, Wasser
- Nach 30 Minuten den Taro zugeben. Sobald das Fleisch zart ist, Sinigang-Pulver und die grüne Chili einrühren und 5 Minuten sprudelnd kochen lassen.250 g Taro, 4 Esslöffel Sinigang-Pulver mit Gabi, 1 lange grüne Chilischote
- Langbohnen, Rettich und Okra hineingeben und weitere 5 Minuten garen.1 kleine Handvoll Langbohnen, 100 g weißer Rettich, 1 kleine Handvoll Okraschoten
- Mit Fischsauce abschmecken, die Wasserspinatblätter unterheben und 2–3 Minuten mitgaren. Bei Bedarf mit Salz nachwürzen.2 Esslöffel Fischsauce, 2 Handvoll Wasserspinatblätter, Salz
Notizen
Nährwerte
Kulinarische Quellen
• Datei: Sinigang na baboy.jpg – Wikimedia Commons (englisch)
• Geschichte des Sinigang: Das inoffizielle Nationalgericht der Philippinen? – Foodicles (englisch)
• Sinigang, ein beliebtes philippinisches Gericht mit einzigartig säuerlichen Noten – Tasting Table (englisch)
• Sinigang – Wikipedia (englisch)
• Warum Sinigang – Scribd (englisch)
• „Hungry to learn about our roots…“ – Facebook (englisch)
• Unsere philippinischen Bäume: die Säuerungsmittel des Sinigang – Pinoy Trees (englisch)
• Der Charme der ersten philippinischen Kochbücher – VERA Files (englisch)
• Sinigang – Wikipedia (Tagalog)
• Rezept für Sinigang na Baboy – Panlasang Pinoy (englisch)
• Bulanglang na Bangus und Hipon – Kawaling Pinoy (englisch)
• Sinigang nga Pasayan (Hipon) – Flavours of Iloilo (englisch)
• Frage zum Sinigang… ich bereite es normalerweise mit einer Mischung zu – Reddit (englisch)
• Bestes Schweine-Sinigang-Rezept mit Sampalok – Pepper.ph (englisch)
• Geschichte des Sinigang – Taylor Maighdlin (englisch)
• Entdecken Sie Ilonggo-Suppen und die Frucht, die ihnen ihre säuerliche Note verleiht – GMA News Online (englisch)
• „Contrary to popular belief…“ – Philstar auf Facebook (englisch)
• Ein Koch erklärt, warum es in Iloilo kein Sinigang sa Batwan gibt – Philstar.com (englisch)
• Linarang – Wikipedia (englisch)
• Ist Ihre philippinische Küche authentisch? – Sharwin Tee (englisch)
• Kangkong oder Petsay im Sinigang? – Reddit (englisch)
• Sinigang pur, mit Patis oder mit Bagoong? – Reddit (englisch)